Sommerlektüre

Ich hatte einen runden Geburtstag – und freue mich über die wunderbaren Bücher, die mit soviel Bedacht für mich ausgewählt wurden und die ich seitdem lese. Und weil jetzt für viele die Ferienzeit kommt, stelle ich eine Auswahl der Romane vor.
Wie wäre es mit einem Lottogewinn? Selbst wenn wir kein Los kaufen, träumen wir alle davon, einfach so eine Million zu gewinnen und dann …. ja, was eigentlich? In Alle meine Wünsche von Gregoire Délacourt – aus dem Französischen sehr schön von Claudia Steinitz übersetzt – taucht diese Frage auf. Und es stellt sich heraus, dass es gar nicht so einfach ist mit so einem Lottogewinn. Weil sich plötzlich alles verändern könnte. Die Menschen lieben uns nicht mehr, weil wir so sind, wie wir sind. Zumindest denken wir das. Und vielleicht verlieren wir den Blick für uns selbst? Mit solchen und anderen Gedanken wird die Protagonistin Jocelyne konfrontiert, die ich sofort mochte. Ich konnte sehr gut nachempfinden, warum sie ihren Kurzwarenladen liebt. Und warum ihr Blog einen so großen Leserkreis findet. Schließlich geht es ums Nähen, Stricken und Sticken – um Selbstgemachtes, das die Menschen einander näherbringt. Und warum ein Hauptgewinn nicht unbdingt die reine Freude ist. Ob der Lottogewinn Jocelyne Glück bringt und ihre Wunschlisten am Ende kürzer werden – nun, das verrate ich nicht. Empfehlung: An einem ungestörten Nachmittag im Garten oder am Strand lesen.

Um Träume geht es auch in Schloss aus Glas von Jeannette Walls, übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.
Der Titel ist im übertragenen Sinn und ganz real zu lesen. Der Vater der Familie, um die es hier geht, hat sehr viele Ideen und den Intellekt, diese Ideen umzusetzen – aber leider fehlt ihm am Ende stets der Bezug zur Realität, das Durchhaltevermögen. Und die Nüchternheit. Ja, er trinkt zuviel. Und spinnt sich mehr und mehr in seine Welt ein.
Die älteste Tochter, seine ‚Bergziege, die diesen autobiografischen Roman geschrieben hat, liebt ihn sehr und hadert gleichzeitig mehr und mehr mit seinem zerstörerischen Verhalten. Das Buch zeigt, was Familien aushalten und was sie auseinanderbringt. Und wie man überlebt. Auch eine Mutter, die sich eigentlich nur für sich selbst interessiert. Für alle, die ein – im guten, aber auch ganz schlechten Sinn – abenteuerliches Familienleben eine Romanlänge lang hautnah miterleben möchten.

Das nächste Buch hat der Autor David Safier seinen Kindern gewidmet – und seinen Großeltern, die im Holocaust ermordet wurden. 28 Tage lang begleitete ich Mira auf ihren gefährlichen Wegen durch das Warschauer Ghetto und wünschte ihr so sehr die Normalität, die ich bei meinem Spaziergang über den dortigen Markt mehr als 60 Jahre später erleben durfte. Immer wieder fragte ich mich, wie ich mich an ihrer Stelle verhalten hätte. Sie begleitete mich sogar bis in meine Träume. Heute kann man in Warschau weiterhin Spuren des Ghettos sehen und sich an einem Ferientag in die Zeit zurückversetzen, in der ein Menschenleben oft nichts zählte. Eigentlich unvorstellbar, dass einfach beschlossen wurde, eine ganze Bevölkerungsgruppe einfach so wegzusperren und vom Alltag der Stadt auszuschließen. Um sie dann weiterzutransportieren und schließlich zu vernichten. Und unvorstellbar sollte es immer bleiben. Ich wünsche diesem Buch viele Leserinnen und Leser, die wie ich mit Miras Schicksal mitfiebern, die spannend geschriebene Geschichte genießen und dabei nie vergessen, dass die Fiktion einen sehr realen Hintergrund hat.
Warsaw Ghetto

Warsaw Ghetto-Coming up for freedom

 

 

Warsaw Ghetto
Last, but not least, a book in English – Old Filth by Jane Gardam. I really do not know why I hadn’t read anything by this writer up to then. She evokes times long forgotten and clearly loves getting under the skin of her characters – and of her readers. The almost theatrical intro and several interludes form a frame for a masterfully crafted novel, where the life of Sir Edward Feathers, aka Eddie aka Old F(ailed)i(n)L(ondon)t(ry)H(ong Kong) unfolds. Also, but not only in the light of current events in the UK, this book provides a fantastic insight into the history of the British Empire, two wars and the peace that ensued – and what these historic events did to the fates of many people, to family structures and people’s emotions. The chance encounters in this novel are often baffling, yet I found them all credible in the end. Follow Eddie Feathers on his long journey from the Asian continent to Britain – a place he had to call home, but never felt it was. And ultimately, with a few detours, back to Asia. Departures, some forever, and some new arrivals. Maybe I am not finished with this story yet. Just as well it’s a trilogy!

 

 

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